Da war er, der heisserwartete erste Halbmarathon in diesem Frühjahr: das Zuckerspiel.
Und Zucker war dieser lauf, von Anfang bis Ende. Von Läufern für Läufer organisiert merkt man das Herzblut und Engagement durchweg. Eine große Verbeugung an dieser Stelle an die Brüder Gallenkamp und das gesamte Helferteam, die vom Start an, auf der Strecke und am Ziel alle ausnahmslos mit Spass und viel Power bei der Sache waren.
Am Abend zuvor entschloss sich mein Schwager kurzfristig doch noch mit zu fahren, was aufgrund der zahlreichen Anmeldungen zu einer kurzen, hektischen Twitter- und Mailerei mit Guido Gallenkamp führte – mit dem Ergebnis, dass wir am Veranstaltungstag zwei Stunden vor Start, pünktlich zur Eröffnung des Meldebüros zur Stelle waren, um einen der 15 letzten Nachmeldeplätze zu ergattern. Was dann allerdings auch reibungslos klappte. Ich hoffe Guido und sein Team mussten nicht wieder annähernd so viele wieder nach Hause schicken, wie im letzten Jahr.
Danach holte ich mir mein Shirt und lieferte die versprochene Kuchenspende im Kaffeezelt ab, wir vertrödelten ein Stündchen mit Anekdoten, zogen uns um und begaben uns eine Viertelstunde vor Start in die Startzone. Hier trafen wir erfreulicherweise gleich noch zwei Bekannte und plauschten über was wohl? Klar, über diesen und jenen Lauf…
An dieser Stelle muss ich dann schnell nochmal ein Kompliment für diese riesige Sportanlage des SV Bayer einschieben. Da fand sich ja wirklich alles vom Fußball-, übers Beachvolleyballfeld, diverse Sporthallen, Schwimmbecken. Geile Anlage. Und sehr erfreulich, dass sie dies zur Verfügung stellen und unterstützen.
Und dann gings auch schon los, der Guido und die „Wuppertaler Oberförsterin“ sagten ein paar Worte – die aber wohl aufgrund eines technischen Defektes nicht bei uns ankamen. Das einzige was wir verstanden war, dass wir auf dem Bürgersteig bleiben sollten – was ja nicht unwichtig ist. Wir hofften einfach, nicht noch irgendwelche wichtigen Dinge nicht mitbekommen zu haben…
10, 9, 8, 7, … und los ging es. Aufgrund der Distanz haben wir das warmlaufen auf die ersten zwei Kilometer verlegt udn wir wollen ja garnicht auf Zeit laufen (reden wir uns geegnseitig ein).
Das ganze entspannt anzugehen erweist sich auch heute wieder als die richtige Taktik, denn nach ca. 1,5 km beginnen wir für 2 km ordentlich zu steigen. Das waren die ersten 150 HM. Es folgte ein genüsslicher, nicht zu steiler Abwärtslauf, kurze Steigung und dann 3 km flach.
Dann kam die erste fiese Attacke. Während es bei uns wieder bergab ging, sahen wir linker Hand weit unter uns, wie sich Läufer auf einer anderen Route wieder den Berg hochkämpften. Ganz kurz kam uns der Gedanke, dass das bestimmt die 10km-Läufer sein müssten – ein müder Hoffnungsschimmer…
Bis Kilometer 7,6 ging es fleissig bergab, nur um uns dann den nächsten Hang parallel wieder hochzuschicken, nur 500m – aber mit 55 Höhenmetern. Zu allem Überfluß kamen uns hier auf diesem Stück die Läufer entgegen, die bereits ihre Runde um den Hügel gedreht hatten. Egal, einmal oben ging es fix und relaxt wieder geil bergab und wir machten die Handbremsen los.
Ab Kilometer 10 fing es wieder an zu klettern und dann kam die Etappe, vor der ich mich schon die ganze Zeit gefürchtet hatte: der Weg zum Hahnerberg hinauf. Dank dem Kollegen, den ich beim Eulenkopflauf kennengelernt und hier wieder getroffen hatte, war ich vorgewarnt. Der erzählte mir nämlich, dass die Schlußetappe des Eulenkopf, ein langer, langer, fieser Berg hinauf zum Freibad, ebenfalls Teil des Zuckerspiels war. Glücklicherweise lag dieses Stück diesmal aber in der Mitte und kam nicht erst nach 20 Kilometern…
Dachte ich, wir hätten damit die Steigungen hinter uns und von hier zurück nach Sonnborn ginge es nur noch bergab, lag ich nur zum Teil richtig – ein Stückerl ging es noch aufwärts und von Kilometer 14 bis 17,5 ging es noch ein paar mal ein wenig bergauf und bergab. Nichts so wildes mehr, wie zum Hahnerberg hinauf, aber bis hierhin hatten die Berge doch schon einiges an Kraft gezogen, so dass wir nun bei jeder kleinen Steigung die Zähne zusammen bissen.
Ab 17,5 hiess es dann aber wieder Leinen los und auch, wenn es schon ein wenig in den Schenkeln zwickte – Downhill kopfüber ist einfach geil, auch wenn mein rechtes Knie heute wieder meckert. Während wir bergauf immer wieder ein paar „Wanderer“ einsammeln konnten, wurde das Feld nun dünner und an die Jungs vor uns kamen wir nicht heran – aber auch hinter uns klaffte eine beruhigende Lücke.
Auf dem letzten steilen Stück rückte man dann aber doch wieder etwas zusammen, zumindest an die bergab Vorsichtigeren schlossen wir auf – was ich in einer Kehre dank einer Asphalt-Moos-Kombi und plötzlichem Traktionsverlust fast hätte bezahlen dürfen.
1,5 km to go – wieder auf gerader Strecke, die Beine werden schwer und ich habe das gefühl das tempo nicht mehr halten zu können – aber ich höre Schritte hinter mir und so beisse ich mich an meinem Schwager fest, danke Pacemaker! Ein Kilometer erscheint mir gerade verdammt lang, irgendwie zu lang.Im Kopf bilde ich einen Kilometer auf meinen Hausstrecken ab, ein Kilometer ist lächerlich…. das ist alles nur mental…
200 Meter Zielgerade. Mein Wadenbeisser gibt Gas und zieht an uns vorbei. Habe ich gerade noch überlegt eine Gehrunde einzulegen, schalte ich nun auch in den Sprintmodus. Dafür habe ich am Ende immer irgendwo noch ein Körnchen. Gelingt es mir sonst fast immer im Spurt noch jemanden einzusacken, geht es mir heutemal so. Der Kerl zockt mich ab, nach ca. 100m breche ich ein und der rennt unvermindert weiter. Ich lasse ihn ziehen. Zu recht, wie ich später feststelle – mein Puls ist im Sprint auf 187 hochgeschnellt, was hart an meinem Maximalpuls von 190 ist. So reduziere ich mein Tempo trotz der Anfeuerungen vomRand und warte auf meinen Schwager, der den Sprintunsinn nicht mitgemacht hat. Der liebe Markus, eindeutig laufstärker als ich, hat mich 21 Kilometer gezogen – wie Panne wäre es da jetzt vor ihm ins Ziel zu sprinten. Hintendran kommt niemand anderes und wen interessieren schon ein paar Sekunden…
Im Ziel laufen wir noch ein paar Meter aus und lassen uns mit Kuchen, Haribo und Schorle verpflegen, bevor wir uns zum duschen aufmachen.
Fazit: Ein richtig toller, abwechslungsreicher Lauf, der viel Spass gemacht hat. Alles – ohne Ausnahme: Parkplatz, Umkleiden, Duschen, Verpflegung, Startunterlagen. Eine eins mit Sternchen. Besonders hervorzuheben wäre noch, dass schönerweise diesmal keine Becher die Umwelt verschandelten, wie sonst üblich. Hierauf wurde im Vorfeld, aufgrund des Naturschutzgebietes, extra hingewiesen. Auch sehr schön, dass sich, so weit ich das sehen konnte, wirklich alle Läufer daran hielten.
Nochmal vielen Dank an das gesamte Team des Zuckerspiels! Macht weiter so, wir kommen nur zu gerne wieder, Läufe wie der eure sind die echten Highlights im Läuferjahr!
Meinen tiefen Respekt noch an den Kollegen, der die Strecke barfuß gelaufen ist. Ich hoffe, er ist mit heilen Füssen gut angekommen.
Nachfolgend noch zwei Grafiken, die den Verlauf des Höhenprofiles und die zugehörigen Pace-Schwankungen zeigen:
Update: Wie ich eben erfahren habe, ist einer der schönsten Läufe auch zu einem der traurigsten geworden. Wir saßen vor dem duschen noch draussen auf der Bank, als die Sanis von den Johannitern mit Alarm losfuhren. Da überlegten wir noch, ob sich einer auf dem steilen Abstieg vielleicht die Knochen verrenkt hat – und dass hoffentlich nichts allzu schlimmes passiert ist. Diese Hoffnung war vergebens. Ein Laufkollege ist im Rahmen dieser Veranstaltung zu Tode gekommen. Die genauen Umstände sind noch nicht bekannt. Wir alle wissen, dass so etwas immer wieder passiert und passieren kann – es muss noch nicht einmal bei einem Wettlauf passieren. Trotzdem bin ich im Augenblick sehr erschüttert. Mein aufrichtiges Beileid gilt den Angehörigen.